Übungen in der Dichtkunst


Seit Anfang 2022 schreibe ich kleine Gedichte, Zitate und Aphorismen. Vielleicht ist auch etwas dabei, was Sie berührt?



Ewige Wanderung

Die Stiefel geschnürt

wir Spuren hinterlassen

auf Berg und im Tal

und in vielen Gassen

 

am Morgen der Aufbruch

ein fordernder Marsch

am Abend die Heimkehr

der Pfad steinig und harsch

 

ein stetiger Anfang

der Weg ist das Ziel

der Sonne entgegen

am Abend Rotwein mit Stil

 

spazieren, flanieren, defilieren

Wendepunkt und alles von vorn

 

ein unendlich, wandelbarer Lauf

stetig wechselndes Streben

schenkt ein erfülltes Leben

gerne nehme ich vieles in Kauf

 

so durchschreite ich den Raum dieser Zeit

diene der Natur und bin zu Neuem bereit

© Bernd Scholz


Goldener Käfig

Wenn wir uns erlauben großartig zu sein

uns nicht mehr machen gebückt und klein

 

wenn wir uns erlauben, das Beste zu geben

ohne zu glauben, nach Perfektion zu streben

 

wenn wir uns erlauben, einfach zu akzeptieren

ohne uns in Konkurrenz, zu degradieren

 

wenn wir uns erlauben, kraftvoll und gerade zu stehen

wir ohne Zweifel der anderen Urteil entgegen sehen

 

wenn wir uns erlauben, uns selbst genug zu sein

in uns gefunden haben ein neues Daheim

 

wenn wir uns erlauben, zu leben die Stärken

dann laufen wir mit ganz bunten, leichten Schuhwerken

 

wenn wir uns erlauben, zu lernen, dann erlangen wir Freiheit

wachsen und verlieren die selbst gewählte Unmündigkeit

 

wenn wir uns erlauben, uns aus der Knechtschaft zu entlassen

die Tür geht auf, um den Goldenen Käfig zu verlassen

© Bernd Scholz


Splitter der Wahrheit

Abschalten!

Nichts sehen

nichts hören

nichts sagen

 

du darfst es wagen

dem Ganzen zu entsagen

dem Sturm auszuweichen

setze deine eigenen Zeichen

 

mit Stille beschenken

in Klarheit versenken

das Chaos beenden

aufhören Zeit zu verschwenden

 

denn die Ruhe birgt die Kraft

die keimen lässt und Neues schafft

erlangst deine eigene Freiheit

und am Ende vielleicht - Splitter der Wahrheit

© Bernd Scholz


Suche, so wirst du finden

Mein lieber Freund

ach glaube mir ...

 

ich lag bei Siegmund

auf der Couch

zeigte ihm mein Ich,

Es und Über Ego

 

ich lag unter Magnetresonanz

ließ durchleuchten meine Zellen

erkannte strahlend

meinen Mandelkern

 

ich reiste ins alte Ägypten

las jede Papyrusrolle

durchstreifte die Gänge der Pyramiden

blieb selbst den Mumien nicht fern

 

ich besuchte die Weisen Griechenlands

gab Sokrates, Platon und Aristoteles die Hand

durchstreifte jede Zeile

in der Bibliothek, des längst vergangenen heiligen Roms

 

ich besuchte den Tempel in Jerusalem

sah Gott und das kleine Jesuskind

begegnete auch Buddha im Nirvana

verneigte mich mit Namaste

 

ich wurde ein Druide

erlebte Rituale

deutete Symbole

war dem südlichen Orakel nah

 

ich flog zum Mond und zu den Sternen

berührte Higgs, Quarks und Co.

zeichnete Gravitationsfelder

stand schließlich am Rand des Schwarzen Lochs

 

Mein Freund

nun sage mir ...

 

Was habe ich gefunden?

© Bernd Scholz


Suchen

Suche stets weiter

die Gedanken

die jagen

unablässig

in dieser hektischen Welt

zu erfassen

 

Suche stets weiter

die Emotionen

in der Seele

im Körper

wabernd

zu spüren

 

Suche stets weiter

den Sinn

den Weg

dieses Lebens

befreiend

zu erkennen

 

Suche stets weiter

im Innersten

meines Selbst

mein Menschsein

den Schatz

zu erhaschen

© Bernd Scholz


Spiegelung des Atems
Spüre!
Dein Atem - ein Fluss
durchspült dich
gleich der Tage des Lebens
gespeist aus Rinnsalen und Wolken
mal Flaute, mal Sturm
mal kristallklar
mal undurchsichtig und trüb
durchtränkt deine Zellen
speist deinen durstigen Geist
erfrischend und ermüdend
ein Heben und Senken
spiegelt die Geschichte und heutige Zeit
wütend, ruhig, heiter, unermüdlich
flach, wie eine Pfütze
tief, wie das große weite Meer
stürzt sich von den Bergen
dann ein spiegelglatter See
wie ein Portrait deines Lebens
wie ein Teil deines Selbst
und ergreift dich
führt dich hin
zu diesem einen Moment
© Bernd Scholz

Wandelbare Schönheit

Zauber der Jugend

allzeit bereit

rotlockiges Haar

heißblütige Lenden

zärtliche Hände

die tief ausatmend

ruhen auf mir

es rauschen die Sinne

ein Augenblick weiter

vorne die Vier

 

Scheitelpunkt

gewinnende Weite

Geist ist erblüht

leuchtende Erfahrungen

wärmend die Sonne

das Herze, das glüht

Rückrat ist gerade

von Stärke erfüllt

herzlich gelacht

einen Augenblick weiter

vorne die Acht

 

Grün ist gewichen

Farbe verblichen

der Winter ist nah

von Ruhe geleitet

viel Standhaftigkeit da

des Uhu´s Gefieder

breitet schützend sich aus

voll Freude und Lächeln

Dankbarkeit im inneren Haus

eine letzte Umarmung

die Kerze die brennt

aus dem Uhu der Phönix

ist das, das wirkliche End

 

du willst eine Antwort

die hält für dich bereit

mit viel Fantasie, die Unendlichkeit

© Bernd Scholz


Plötzlich

Um uns der Gleichklang

im täglichen Trott

in Reibung und Wärme

 

dann Urknall

unendliches Schweigen

 

das kann doch nicht sein

nein

lässt du mich allein

ist den hier alles auf Sand gebaut

das es mich von den Füßen haut

 

ich wanke, ich schwanke

ich zitere und schrei

ist denn wirklich schon alles vorbei

 

Angst und Panik in mir

will nicht, das ich verlier

 

wo soll ich hin,

wer fängt mich auf

will anhalten des Rades schrecklichen Lauf

 

ist mir zu plötzlich

ist mir zu schnell

was bleibt ist ein unendlicher Schmerz

© Bernd Scholz


Lebensfluss

Einerlei wie lange und wohin

bin ich ganz selbst

in mir mein eigenes Lastentier

trage meinen Ballast

trage meinen Rucksack

kann nicht aus meinem Fell

kann mir nicht entrücken

bin mein eigener Darsteller

bin mein eigenes Publikum

kann sein ein Freund

kann sein mein Feind

bin immer in Verantwortung

lerne und lasse fallen jeden Tadel

 

Was bleibt zum Schluss

ist Freiheit und der Lebensfluss

© Bernd Scholz